Die Geschichte des Daito - Ryu Aikijutsu ist schwierig und voller dunkler Flecke. Die Wurzeln dieser Kampfkunst führen in die tiefste Geschichte Japans, als es unzählige verschiedene Kampfkunstschulen gab, welche sich im Laufe der Jahrhunderte gegenseitig ergänzten, und die, was charakteristisch ist, immer mit bestimmten philosophischen Anschauungen verbunden waren. Der Gründer der ältesten Schule war Fürst Teidsun, der sechste Sohn des Imperators Seiwa (850-880). Einzelheiten, betreffs dieser Schule sind uns nicht bekannt. Bekannt ist nur, dass auf sie der Name Daito Aikijutsu zurückzuführen ist und dass im Unterschied zum Jiujitsu in dieser Schule nur Samurais höheren Ranges ausgebildet wurden. Der Sohn des Fürsten Teidsun, Zunemoton, führte das Aikijutsu in den Clan der Minamoto ein (siehe "Die Geschichte des Hauses Taira"). Große Verdienste werden dem Samurai Josizune zugeschrieben. Laut Legende, befand er sich in einem Tempel zur Meditation, als er eine Erscheinung hatte... Die Fortsetzung dieser Legende ist ähnlich anderen Legenden dieser Art. Andere historische Überlieferungen deuten auf einen weiteren Träger des Daito Aikijutsu hin - einen Mann namens Josije Minamoto. Er, der selbst unheilbar krank war, gab sein Wissen und Können an seinen jüngeren Bruder Sinra Saburo Josimitsu, einem künstlerisch und wissenschaftlich interessierten Menschen weiter. Dieser beschäftigte sich erfolgreich mit Astronomie, Medizin und Geologie. Das Wissen um die Anatomie des menschlichen Körpers gaben ihm die Möglichkeit viele Techniken zu vervollkommnen. Der zweite Sohn Josimitsus - Josiki je - zog in die Provinz Kai und wurde durch seine Hochzeit in den Clan der Takeda aufgenommen. Einen Teil seiner vom Vater überlieferten Geheimnisse der Kampfkunst gab er an den Clan weiter. Seit dieser Zeit wuchs die Kampfkunst in zwei Richtungen, einerseits im Clan der Minamoto, andererseits im Clan der Takeda. 1574 machte Kuniguzu Takeda den Clan der Aizu mit seiner Kampfkunst bekannt. So entstanden im Laufe der Jahre aus einem gemeinsamen Ursprung mindestens drei verschiedene technische Richtungen: dem Aizu-Todome - die Techniken der Schule des Kuniguzu Takeda, dem Daito-Ryo - die Techniken der Schule des Daito Aikijutsu und dem Takeda-Ryu - die Techniken der Schule des Josikije, dessen bekanntester Meister der Samurai und Philosoph Takeda Takumi no Kamisoemon (1758-1853) war. Er schuf ebenfalls die geistig- philosophische Grundlage, das sogenannte "aiki in jo cho", welche mit den obengenannten Stilrichtungen immer enger verschmolz und die Bezeichnung "Osiki-Usi" erhielt. Die größte Verbreitung erhielt diese philosophische Richtung im Aizu-Clan. Hierbei darf allerdings nicht vergessen werden, dass im Jahre 1573 der Clan der Takeda mit dem Tod Takeda Shingens eine Niederlage erlitt und in der folgenden Zeit die Grundidee des Clans ausgerichtet war auf ein gemeinsames Überleben und nicht auf den Kampf mit Feinden. Gesehen in historischer Hinsicht ist der Besiegte aber oftmals der Sieger, besonders in moralischer Hinsicht. Beispiele dafür findet man ebenfalls in der modernen Geschichte Europas. Mit dem Beginn der Meiji-Periode verschwinden viele Traditionen, das "Osiki-Usi" gelangt langsam in Vergessenheit. Genauer gesagt ist es der neuen Gesellschaft einfach nicht bekannt. Dass es dennoch über die vielen wilden Jahre des Modernismus erhalten geblieben ist, verdanken wir dem ... Saigo Tanamo Takamase (1829-1905). In der Meiji-Zeit hatte er allerhand Konflikte mit der Polizei, deshalb war es ihm unmöglich eine Schule zu gründen, in welcher er offiziell die alten Traditionen weitergeben konnte. In dieser Situation suchte er einen ergebenen und fähigen jungen Mann, der das Erbe des "Klada" übernehmen konnte und der dafür sorgen würde, dass es im weiteren über Jahrhunderte hinweg entwickelt und geschätzt würde. Eine ausgeprägte Persönlichkeit stellte der talentierte Shiro Saigo dar, welcher einen Anteil am Sieg des Kodokans über den Joshin-Ryu hatte. Jigoro Kano baute die Technik des Judo damit auf einer schon vorhandenen Basis auf. Die Zeit war schwer und um die nötigsten Dinge des Lebens zu gewährleisten große Anstrengungen vonnöten. Shiro Saigo, der das Erbe Saigo Tanomos nicht "verkaufen" wollte, verließ Tokio und beginnt mit großem Einsatz einen Kandidaten zu suchen, der die Traditionen seiner Schule übernehmen könnte. Dieser Nachfolger wird Sokaku Takeda, ein bekannter Fechter, der nahezu verliebt in das Kenjutsu ist und der bestens mit den Techniken des Takeda - Ryu vertraut ist. Die Beziehung zwischen diesen beiden Persönlichkeiten entwickelt sich schnell, umso mehr auch ihre politischen Anschauungen ähnlich sind. In einer Zeit, da das Tragen des Schwertes strengstens verboten war, liebte es Takeda besonders, bewaffnet durch die Straßen Tokios zu spazieren. Damit wollte er seine Ergebenheit zu den alten Traditionen dokumentieren, welches ihm mehr als einmal Unannehmlichkeiten mit der Polizei einbrachte, Deshalb verließ er Tokio und zog auf Hokaido, wo er den Versuch unternahm ein eigenes Dojo zu gründen, gleiches tut auch sein Sohn Tokimune Takeda, welcher eine Schule in Abashiri gründet. Sokaku Takeda war wegen seiner überaus schwierigen materiellen Lage gezwungen, seinen Lebensunterhalt durch das Lehren der Kampfkunst zu verdienen. In den folgenden Jahren tötete er in Zweikämpfen etwa 150 Menschen. Er hatte keine Zähne mehr; einmal nämlich, als ein Speer ihm geradewegs auf den Kopf zuflog, fing er ihn mit dem Mund, dabei den Verlust seiner Zähne und Verletzungen des Mundraumes in Kauf nehmend. Egal mit wem er kämpfte, er überließ dem Gegner die Wahl der Waffen, kämpfte und siegte mit ihnen. (Solcherart Waffen waren z.B. Schwert, Speer, Stock, Ketten usw.) Gerüchte über seine Schule verbreiteten sich im ganzen Land und zog viele an. Er aber war bestrebt, solche als Schüler zu nehmen, die begütert waren. Die Mittellosen aber überließ er Morichea Uesibe, welcher für ihn kostenlos die niedrigsten, dreckigsten und schwierigsten Arbeiten erledigen musste. Ja mehr noch: für jede neu erlernte Technik musste er obendrein zahlen. Trotz all dieser Erniedrigungen, verbrachte Sokaku nur etwa 100 Tage der 5-jährigen Dienstzeit Moricheas mit ihm, um ihm die Techniken beizubringen. Trotzdem gestattete es das besonders harte Training, welchem er unterworfen war, Uesibe die gelernten Techniken weiter zu entwickeln, zu einer heute weit bekannten Kampfkunst, dem Aikido. Ungefähr ab dem Jahre 1910 begann ein Koreaner, namens Tsche-chwe Jonsol bei Sokaku zu trainieren. Er blieb bei ihm bis zum Ende des 2.Weltkrieges und kehrte dann nach Korea zurück. Er verband das bei Sokaku gelernte Aikijutsu mit den ihm bekannten koreanischen Kampftechniken. Auch seine geistigen Grundlagen änderten sich während seines langjährigen Trainings und er legte seiner gerade neu entwickelten Kampfkunst die buddhistische und taoistische Philosophie zugrunde. Er nannte sie Hapkido. Diese Kampfkunst sollte zur alleinigen koreanischen Kampfkunst werden. Aber es kam anders, denn durch die Unterstützung des Staates verbreitete sich eine andere später entstandene Kampfkunst - das Taekwondo in Korea und Hapkido versank in der Bedeutungslosigkeit. Wenn die Begründer des Aikido und des Hapkido zielgerichtet und planvoll ihren Weg gingen, so sind in der Geschichte des Shorai-Do Zufälligkeiten, ja sogar ein bisschen Romantik auf nahezu unerklärliche Weise miteinander verbunden. Einer der Schüler der Schule Takimune Takeda's befand sich Ende der 30-iger Jahre, im Rahmen einer Militärdelegation Japans in Deutschland (Berlin-Rom-¬Tokio). Als die Rote Armee Berlin stürmte, wurde er schwer verletzt, von einer deutschen Familie aufgenommen und gepflegt. Lange Zeit verbrachte er an der Grenze von Leben und Tod und als er endlich genas und seine Situation real einschätzen konnte, musste er erkennen, dass er in einer total veränderten Welt lebte - in Deutschland befanden sich die russischen Truppen, in Japan die amerikanischen. Sich als Samurai verstehender, wollte er Seppuku begehen, aber die Liebe zu der Tochter seines Retters hielt ihn zurück. So begrub er sein Schwert " und begann ein völlig fremdes Leben, bestrebt seine Vergangenheit zu vergessen. Die anderen an dieser Geschichte beteiligten Personen befanden sich Ende der 70-iger, Anfang der 80-iger Jahre in Russland, in dem damaligen Leningrad. Das Treffen Wladimir O. Dexbach's mit seiner späteren Frau Anna bestimmte sein weiteres Schicksal. Er heiratete und siedelte nach Deutschland (damals DDR) über. All die Schwierigkeiten, die das Leben in einem fremden Land, unter fremden Leuten mit sich bringt, überwindend, trainierte er verbissen und hart weiter, dazu jede nur sich bietende Möglichkeit nutzend. Verschlagen in die tiefste Provinz und in Frieden mit sich selbst und seiner Vergangenheit, sah der mittlerweile alte Nachfolger des einst berühmten Geschlechts auf einem seiner Spaziergänge, wie Wladimir im Garten trainierte. In ihm erwachte das, was er als für immer begraben angesehen hatte. Er schaute ein Weilchen zu und versuchte auf vorsichtige Art und Weise Kontakte zu knüpfen. Die Geschichte wurde plötzlich wieder lebendig und wiederholte sich auf eigenartige Weise. Natürlich war alles sehr schwierig, denn in der damaligen DDR war Kampfkunst ein mit Argwohn betrachteter Sport, der nicht erwünscht war. Von welchen Traditionen konnte da die Rede sein? Andererseits war der alte "Samurai" der Meinung, dass er im Jahre 1945 "starb" und wünschte nicht, dass sein Name in Zusammenhang mit der Tätigkeit Wladimirs erwähnt wurde. So schuf Wladimir O. Dexbach die Kampfkunst Shorai-Do Keine, die er auf der schon in Russland erhaltenen Basis aufbaute, durch die durch den alten "Samurai" erhaltenen Ideen und Traditionen des alten Stils vervollkommnte und mit der Kultur und Weltanschauung des modernen Europäers verband. So entstand eine völlig neue Schule, welche die alten Traditionen mit dem modernen Leben verknüpfte. Mit den veränderten politischen Bedingungen in Osteuropa wurde es möglich auch die Kontakte zu Russland zu erneuern. Die früheren Trainingspartner und persönlichen Freunde Wladimir O. Dexbach und Wladimir Sdobnikov, der ebenfalls während der gesamten Zeit des Verbotes des Kampfsports die Traditionen am Leben gehalten hatte, kamen wie durch eine Fügung des Schicksals wieder zusammen und beschlossen gemeinsam den Kampfstil Shorai - Do Kempo weiter zu entwickeln und zu verbreiten. Über seine Geschichte wurde weiterhin Stillschweigen vereinbart. Erst als 1994 der Lehrer Wladimirs starb, kamen Einzelheiten, mehr durch Gerüchte verfälscht an die Öffentlichkeit. Da der alte "Samurai" mit seinem Tode Wladimir offiziell zu dem Nachfolger und Erbe des alten Stils und der damit verbundenen geistigen Traditionen ernannte, ist es nun möglich auch über die Geschichte des Shorai-Do Kempo zu schreiben. Obwohl Shorai-Do Kempo kein offizielles Mitglied des Daito-Ryu und des Aikijutsuis ist, ist doch nicht daran zu zweifeln, dass die Traditionen und die Moral, die ihm zugrunde liegen denen des Clans der Takeda entsprechen, dessen Grundprinzip folgendes war: "Heute leben, sich auf die Vergangenheit stützend und dabei die Zukunft aufbauend"